« Lebendige Tradition mit Geschichte »
Der Duft von Tannenreisig und Weihnachtsbäckerei erfüllt die kalte Winterluft der Alpen zwischen den traditionell geschmückten Ständen des Christkindlmarktes. Lichter glänzen in den Fenstern und von Ferne ertönt dumpfes Glockengeläut. Ist es nur ein Rossschlitten, der das rhythmische Klingeln verursacht? Sind es die Klöckler, die von Hof zu Hof ziehen, oder etwa doch Perchten, die durch das Dorf streifen und die idyllische Ruhe des Marktes bald in nervöse Aufregung verwandeln werden? Wir werfen einen Blick auf die Weihnachtsbräuche in Südtirol.
Weihnachtsstimmung in den Alpen
Die nördlichste Provinz Italiens steckt in den vier Wochen vor Weihnachten voller Wunder, Traditionen und Bräuche sowie ganz im Genuss Südtiroler Feinkost. Wie fast überall in den Alpen wird auch hier der Advent mit althergebrachten Riten zelebriert. Weihnachtsgeschenke und Weihnachtsdekoration gehören natürlich ebenfalls dazu.
Die meisten Weihnachtsbräuche in Südtirol entsprechen christlicher Tradition, haben jedoch heidnische Wurzeln. Neben der frommen Gesinnung stehen Bräuche mit dieser Herkunftsgeschichte deshalb auch immer im Zeichen von Aberglaube und Mystik. Besonders intensiv wird das Brauchtum in den Rauhnächten gepflegt, die mit der Thomasnacht am 21. Dezember beginnen und bis zum Dreikönigstag am 6. Jänner andauern. Der alte Volksglaube besagt, dass der Winter in diesen Nächten seine Naturgeister entfesselt und sich die seltsamsten Dinge zutragen.
Die Allgemeinheit, allen voran die bäuerliche Bevölkerung, hielt sich deshalb streng an Schutz- oder Abwehrriten, um diesen schaurigen Stunden angemessen zu begegnen. Das Räuchern ist dabei einer der wichtigsten, immer noch aktiven Weihnachtsbräuche in Südtirol. Früher galt es außerdem als ratsam, in der Dunkelheit der Rauhnächte den Stall zu meiden, da es hieß, Tiere könnten in diesen mystischen Stunden sprechen. Es durfte keine Wäsche gewaschen werden, weil der Volksglaube besagte, dass man damit einen Menschen „aus dem Haus waschen“ würde.
Um den Percht zu besänftigen, der nachts lauernd um die Häuser schlich, verlangte es der Brauch, Milch und Brot auf die Türschwellen zu stellen. Viele der alten Weihnachtsbräuche werden immer noch fortgeführt, auch wenn die Glaubenssätze nicht mehr ganz so schwer wiegen, wie in der Vergangenheit. Schauen wir uns also um in der traditionsreichen Region mitten in den Alpen.
Die Klöckler – gern gesehene Gäste
Anders als der Krampus, der als Begleiter des Heiligen Nikolaus manche Male für Unbehagen sorgt, wenn er von Tür zu Tür stapft, zählen die Klöckler in der norditalienischen Alpenregion zu den allseits beliebten Weihnachtgesellen, deren Besuch durchaus erwünscht ist. Der Brauch stammt aus dem 16. Jahrhundert und wird heute im Sarntal und Vinschgau noch nahezu unverändert fortgeführt. Klöckeln ist ausschließlich den Männern vorbehalten und wird weder angekündigt noch offiziell organisiert. Die Teilnehmer treffen sich an einem geheimen Ort, schlüpfen dort in ihre traditionellen Kostüme und Masken und ziehen dann ins Dorf, um ausgewählte Höfe zu besuchen. Dabei machen sie mit selbstgebauten Instrumenten wie Schellen, Bockshörnern und Teufelsgeigen sprichwörtlich einen Höllenlärm, um ihr Kommen anzukündigen.
Unverzichtbare Figuren bei diesem Weihnachtsbrauch sind ein Ziehharmonikaspieler, der Lottrsackträger, der Gaben und Spenden sammelt, und schließlich die beiden Hauptakteure: Zusslmandl und Zusslweibele. Dieses Paar symbolisiert Winter und Frühling, und führt die Gruppe an. Dabei wird das Zusslweibele von seinem Mandl gejagt, was den Kampf der beiden Jahreszeiten veranschaulicht. Es ist üblich, die beiden hereinzubitten und zu bewirten, da ihr Kommen Glück verheißt. Weil die Bewirtung allerdings meistens flüssiger Natur ist, müssen für die Schlüsselfiguren sehr trinkfeste Mitglieder der Gruppe ausgewählt werden. Bevor die Klöckler unter großem Getöse weiterziehen, verabschieden sie sich mit traditionellen Liedern und einem Tanz von den Bauersleuten.
Am besten Original – die fünf traditionellen Südtiroler Christkindlmärkte
Weihnachtsbräuche aller Art findet man auf den fünf originalen Christkindlmärkten der Region. Kitsch und Massenware sucht man hier vergeblich, stattdessen sind die Stände gefüllt mit Kunsthandwerk aus der Region, traditionellem, meist bäuerlichem Weihnachtsschmuck, hausgemachten Keksen und Christstollen und lokalen Spezialitäten wie Südtiroler Speck, Käse und Brot. Bozen, Meran, Brixen, Bruneck und Sterzing sind die Gastgeberstädte dieser ursprünglichen Traditionsmärkte, auf denen sich Weihnachten immer noch anfühlt wie früher. Bläsergruppen und Advent-Chöre sorgen für den passenden akustischen Rahmen und erzählen mit ihren alten Liedern Geschichten von längst vergangenen Weihnachtsabenden.
Wunderschöne Krippen und handgeschnitzte Krippenfiguren sind weitere Weihnachtsbräuche und zeigen, wie lebendig ursprüngliches Kunsthandwerk in den Alpen aussieht. Betrachtet man die Figuren näher, wird klar, wieviel Kunstfertigkeit und Sorgfalt hinter ihrer Herstellung stehen. Den zarten Gesichtszügen und detailverliebten Kleinigkeiten sieht man kaum an, dass hartes Metall und scharfe Kanten bei der Gestaltung zum Einsatz kommen.
Ein verbindendes Element auf allen fünf originalen Weihnachtsmärkten ist der typische handgemachte Lebkuchen. In jeder Stadt hat er eine andere Form, so kauft man ihn in Bozen als Engel, in Meran als Glocke und in Brixen als Lamm. Für Sterzing steht der Turm und in Bruneck gibt es den Lebkuchen in Sternform. Die Weihnachtsbäckerei per se ist eine eigene Kunst in Südtirol und gehört zum Advent wie der Schnee zum Gletscher.
Leckere Weihnachtsbräuche in Südtirol: süße Weihnachtsklassiker aus der alpinen Küche
Weihnachtsbräuche in Südtirol erstrecken sich selbstverständlich auch auf die Küche. Da Kulinarik ohnehin einen hohen Stellenwert in den Alpen hat, ist es nur logisch, dass im Advent ganz besondere Köstlichkeiten auf den Tisch kommen. So ist das „Kekserlbacken“ zu Weihnachten in Südtirol einer der Bräuche, die zuhause gelebte und geliebt sind. Absolute Spezialitäten-Klassiker sind dabei neben Lebkuchen und Rumkugeln auch Spitzbuben. Diese flachen Mürbteig-Plätzchen bringen eine frische Süße auf den Keksteller, da sie mit einer Schicht Marmelade zusammengehalten werden. Charakteristisch ist das ausgestochene Loch im oberen Plätzchen, das den Blick auf das appetitlich schimmernde Fruchtgelee freigibt.
Ein weiterer kulinarischer Weihnachtsbrauch ist das Zelten. Das traditionelle Früchtebrot aus der Region, erinnert mit seinen orientalischen Zutaten und den südlichen Früchten an eine Gabe, die von den drei Heiligen aus dem Morgenland stammen könnte. Datteln, Rosinen, Feigen, Nüsse und Mandeln stecken in dem herrlichen Stollen, der mit Anis, Kümmel, Nelken, Zimt, Orangeat, Zitronat, Honig und einem ordentlichen Schuss Rum zu einem kräftigen Geschmackserlebnis wird. Gewürztaler und Hausfreunde zählen ebenfalls zu den alpinen Keks-Unikaten und sind geschmacklich so vielfältig wie die Region selbst.
Adventskranz und Christbaum: Klassischer Weihnachtsbrauch in Südtiroler Variante
Die Alpenregion in Norditalien ist selbstverständlich nicht die einzige Gegend, in der es zu Weihnachten in Südtirol Brauch ist, Adventkränze zu binden und Christbäume zu schmücken. Allerdings ist die Art, wie hier dekoriert und „aufgeputzt“ wird, urtypisch. So müssen bei einem echten Südtiroler Adventkranz drei Kerzen traditionell in violett, der liturgischen Farbe des Advents gehalten sein. Die vierte Kerze ist rosa, sie wird am dritten Adventsonntag, dem sogenannten Freudensonntag entzündet. Einige Ortschaften binden überdimensional große Adventkränze für ihre Dorfplätze und schmücken sie natürlich auch dort mit violetten und rosafarbenen Kerzen.
Beim Christbaumschmuck gibt es zwei authentische Versionen, die zu Weihnachten in Südtirol beliebte Bräuche sind. Der traditionelle Bauernchristbaum erstrahlt an Heiligabend mit Strohsternen, roten Bändern, Holzanhängern, Äpfeln und selbstverständlich echten Kerzen. In der Stadt hingegen ist es üblich, in Weiß mit silbrigen Glaskugeln und Spritzgebäck zu dekorieren.
Ganz gleich, welche Variante man bevorzugt oder in welchen Traditionen man sich am ehesten wiederfindet – Weihnachtsbräuche in Südtirol sind ein wertvolles historisches Erbe, mit dem die Liebe zur eigenen Kultur lebendig gehalten wird.
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Sonnenaufgang in Innichen in Südtirol: © Flaviu Boerescu – stock.adobe.com
Christkindlesmarkt in Sterzing, Süditrol: © Gabriele Bignoli – stock.adobe.com