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Lodenrucksäcke aus den Alpen

Lodenrucksäcke aus den Alpen

Der Weg ist das Ziel, lautet das Motto vieler Wanderer. Doch keine Wanderung ohne Wegzehrung. Wie nimmt man den Proviant am besten mit? In den Alpen traditionell im Lodenrucksack. Doch wie wird er eigentlich gefertigt? Wir haben einmal genauer hingeschaut. 

Loden  was ist das? 

Loden ist ein Sammelbegriff für dichtes, festes Gewebe, das in der Regel aus Schafwolle gefertigt wird. Bevor Baumwolle mit der Industrialisierung ihren Siegeszug in der Textilbranche antrat, wärmten und kleideten Loden ein Großteil der Bevölkerung. Als Bekleidungsstoff ist das Material in der Folge in Vergessenheit geraten. Inzwischen setzen jedoch renommierte Modehäuser von Prada bis Louis Vuitton erneut auf die gewalkten Stoffe. Bis heute ist Loden der Stoff, aus dem die Trachten in den Alpen gefertigt werden. Hinter dieser Tradition steht eine lange Geschichte, die von aufwändiger und sorgfältiger Handwerkskunst erzählt. 

Ehepaar kümmert sich um Schafwolle für Lodenrucksäcke aus den Alpen

Der Stoff, aus dem die Trachten sind 

Typisch für Loden ist der melierte Look. In den Alpen wird Lodenstoff seit Jahrhunderten für seine hervorragenden Eigenschaften geschätzt, denn das Material ist überaus widerstandsfähig, atmungsaktiv, wasser- und schmutzabweisend und dennoch nahezu winddicht. Ganz ohne chemische Imprägnierung hält Loden also ganz schön was aus. Kein Wunder, dass der robuste Stoff traditionell bei der Herstellung von warmen Decken und Mänteln verwendet wird. Wo das Material ebenfalls seine Vorzüge ausspielen kann: bei Lodenrucksäcken. 

Trachtenhut | Fein gearbeitetes Kassetl aus den Tiroler Alpen

Handwerkskunst im Gepäck 

Der alltagstaugliche Stoff wird bis heute in aufwändiger Handarbeit gefertigt. Albert Fill aus Lajen in Südtirol ist einer jener Rucksackmacher, der den Wollstoff geschickt verarbeitet, um praktische wie formschöne Accessoires herzustellen, die für Abenteuer in den Bergen wie geschaffen sind.  

In seiner Werkstatt verhält es sich wie in einer guten Küche: Auf gute Zutaten kommt es an. Daher bezieht der Rucksackmacher seinen Lodenstoff von der bekannten Tuchfabrik Moessmer, die seit 1894 am Standort in Bruneck feinste Stoffe in vollstufiger Produktion herstellt. Von der Wolle über den Zwirn bis zum fertigen Stoff durchwandert das Material in Südtirol zahlreiche Arbeitsschritte. Denn erst dieser aufwändige Prozess verleiht dem Lodenstoff seine unverwechselbaren Eigenschaften. 

glücklich Rucksack Franz Dolomite - Lodenrucksäcke aus den Alpen

So wird Loden gemacht 

Im ersten Arbeitsschritt wird die Rohwolle gewolft. Die Schurwolle kommt dabei in eine spezielle Maschine. Mit Zähnen bestückte Walzen reißen und vermengen teils unterschiedliche Wollsorten. Naturbelassener Lodenstoff erhält durch den individuellen Mix seine Farbgebung in Melange-Optik  ganz ohne den Zusatz von Farbstoffen. 

Die Krempelmaschine 

Anschließend wird die Wolle gekämmt. Das übernimmt die sogenannte Krempelmaschine, auf deren Walzen zahlreiche Nadeln sitzen, sodass ein feiner Vlies entsteht. Der Flor wird anschließend zum Vorgarn geteilt. Damit ist ein ungedrehter Faden gemeint, der noch keine große Festigkeit besitzt und mit der bloßen Hand einfach abgerissen werden kann. Erst in der Ringspinnerei entsteht durch das wiederholte Drehen des Fadens ein festes Garn, das wiederum verzwirnt wird. Dabei werden mehrere Garne umeinander gedreht, um noch mehr Festigkeit zu erreichen. Das versponnene Garn wird anschließend zu großen Wolltüchern verwebt. 

Zwei Hände beim Weben

Zahllose Kettfäden 

Ähnlich wie in der Teppichweberei ist dafür eine riesige Anlage mit zahllosen Kettfäden bespannt, entlang derer sich der Schussfaden auf und ab bewegt. Kernstück der Maschine ist der sogenannte Schützen. DIY-Fans kennen dasselbe Werkzeug womöglich als „Schiffchen“. In wellenartiger Bewegung bahnt sich das Weberschiffchen bei einem Handwebstuhl seinen Weg durch die Kettfäden und zieht dabei den Schussfaden mit. Immer wieder geht es auf und ab, gewissermaßen von Wellenberg zu Wellental.  

An der Schützenwebmaschine wird der Faden so schnell durch die Kettfäden geschossen, dass man mit freiem Auge unmöglich eine Wellenbewegung erkennen kann. Das Gewebe wächst im Sekundentakt. Daher hat die Webmaschine auch keinen festen Rahmen, sondern Walzen, auf die die Kettfäden gewickelt sind. Die Kettfäden auf dem sogenannten Kettbaum werden fortlaufend abgewickelt, während auf der anderen Seite das fertige Webmaterial auf dem sogenannten Warenbaum aufgewickelt wird. 

Eine Vielzahl von Waren aus Lodenstoff

Das Walken  

Das entstandene Tuch ist aber noch immer kein Lodenstoff. Erst durch das Walken erhält das Material seine bewährte Festigkeit. Dafür wird das Wolltuch in lauwarmem Seifenwasser wieder und wieder mechanisch bearbeitet, damit die einzelnen Fasern verfilzen und eine enorm feste Bindung eingehen. Währenddessen schrumpft der Stoff um ein Vielfaches und ist am Ende wesentlich dichter und nur noch etwa halb so groß wie zuvor. Das Ergebnis ist strapazierfähiger Loden, der von Natur aus imprägniert ist. Dafür sorgt das in der Schafwolle enthaltene Wollfett Lanolin. Nach dem Trocknen geht es an den „Feinschliff“. Abstehende Fransen werden weggeschnitten und der Stoff wird gebügelt, bevor er weiterverarbeitet wird. 

Einen Lodenrucksack nähen 

In seiner Werkstatt vernäht Albert Fill den feinen melierten Lodenstoff zu Rucksäcken im Vintage-Stil. Dafür wird der Stoff mit hochwertigem Vollrindleder eingefasst. Das gegerbte Leder verleiht dem Rucksack einen festen Rahmen und sorgt gleichsam für einen stilvollen Kontrast zum Walkstoff. Bei einigen Modellen setzt Albert Fill statt auf traditionellen Loden auf festen Baumwollstoff in Segeltuchqualität.  

glücklich Rucksack Franzi Schladminger Stadtausführung

Bei der Form arbeitet er jedoch nach einem bewährten Muster. Das Hauptfach bietet ausreichend Stauraum für Proviant vom Vinschgerl bis zur Kantwurst. In den zwei auf der Vorderseite aufgenähten Taschen können Sie Messer, Zündhölzer und sonstige Ausrüstung für den Weg bis zum Gipfel unterbringen. Damit nichts verlorengeht, verschließen Sie die Taschen mit Metallschnallen. Die Riemen des Rucksacks sind mit weichem Filz belegt, sodass Sie den Rucksack angenehm bis zum Gipfel schultern können.  

Rucksack Vintage groß | Luis Trenker Stil

Lodenrucksack in den Alpen und im Alltag 

Der Lodenrucksack tut sich jedoch nicht nur beim Wandern, sondern auch im Alltag als praktischer Designliebling hervor. Dort gibt er auch Ihren Notizbüchern und anderen Unterlagen eine mühelos zeitgeistige Hülle, die funktional ist und sich sehen lassen kann. Neben Wanderrucksäcken fertigt Albert Fill auch Schul- und Kinderrucksäcke mit viel Liebe zum Detail in seiner Südtiroler Werkstatt. Und jedes seiner Stücke bringt die Leidenschaft des Rucksackmachers für sein Handwerk zum Ausdruck. 

Rucksack Loden | beste handwerkliche Arbeit


Bild: Zwei Hände beim Weben: © Ewald Fröch – stock.adobe.com