« Alpenkäse aus Leidenschaft gereift »
Goldgelb, kupferrot, blassblau, strahlend weiß und dunkelgrün schimmern den Besuchern von Hansi Baumgartners „Käseatelier“ die veredelten Köstlichkeiten aus der Vitrine entgegen. Wunderschön arrangiert warten hier große und kleine Käselaibe auf wahre Genießer. Manche appetitlich aufgeschnitten, damit ihr cremiger Kern oder die blau durchzogene Struktur sichtbar wird, andere mit ihren prächtigen Krusten im Ganzen präsentiert. Kauft man ein Stück dieser schmackhaften Schätze, erhält man eine stilvolle Verpackung, auf der jener klingende Name prangt, der hinter dem Genusskonzept steht: Degust.
Aus der Liebe zum Käse: Hansi Baumgartners Weg vom Koch zum Unternehmer
Der Sternekoch betrieb erfolgreich zwei Lokale in Südtirol. Ein Ende des Gästezustroms war nicht abzusehen, die Restaurants „Pichler“ und „Schöneck“ waren als verlässliche Adressen für exquisite Küche in den Köpfen der Leute bereits verwurzelt. Und dennoch entschied Hansi Baumgartner im Alter von 33 Jahren, dass es an der Zeit war, etwas Neues zu versuchen. Seine Passion für Käse wurde zum Wegweiser für die berufliche Kursänderung, die in Form eines Feinkosthandels Gestalt annehmen sollte. Doch das Unterfangen stellte den Unternehmer bald vor die erste Herausforderung. Denn trotz üppiger Almwiesen und umfangreicher Milchwirtschaft gab es in Südtirol zur Zeit seines beruflichen Neustarts keine variantenreiche Käsekultur. Baumgartners Wunsch, diesen Umstand zu ändern und einer Region, die bereits für Speck, Obst und Wein berühmt war, auch den Südtiroler Käse als kulinarische Größe beizufügen, stand am Beginn der Erfolgsmarke Degust.
Dem guten Geschmack auf die Sprünge helfen
Angetrieben von seiner persönlichen Leidenschaft und prädestiniert durch umfassende Fachkenntnisse, verwirklichte sich Hansi Baumgartner 1994 seinen Traum und schuf sich mit der Delikatessmanufaktur Degust ein neues Standbein. Seitdem ist er der erste und einzige Käse Affineur Südtirols. Die Virtuosität bei diesem seltenen Handwerk besteht darin, dem Rohprodukt durch Pflege, Konservierungstechniken und Veredelungsmethoden zum perfekten Reifegrad zu verhelfen. Ein Laib, der durch die Hände eines professionellen Veredelungskünstlers geht, kann sich zu einer völlig neuen Delikatesse wandeln. Der Käsegourmet ist also nicht nur ein Spezialist für die optimale Reifung bestehender Sorten, sondern auch Entwickler von noch nie dagewesenen Käsespezialitäten.
Als Baumgartner sein Genussprojekt vor 25 Jahren aus der Taufe hob, lag vor ihm braches Land. Käse war wenig populär und kam hauptsächlich in Form von Hartkäse als Bestandteil einer Marende, der deftigen Südtiroler Jause, auf den Tisch. In den Küchen der Restaurants wurde er jedoch kaum eingesetzt und galt erst recht nicht als Delikatesse. Die Käseproduktion in der Region lief damals beinahe ausschließlich über große Genossenschaftsmolkereien, die aus pasteurisierter Kuhmilch reizlosen Durchschnittskäse herstellten, dem jegliche Raffinesse fehlte. Produkte aus Rohmilch waren kaum erhältlich, bei Schafs- oder Ziegenkäse standen die Chancen noch schlechter. So begann Hansi Baumgartner, für seine Feinkostmanufaktur Degust Produkte aus anderen Regionen zuzukaufen und ihnen mit Südtiroler Zutaten eine heimatliche Facette zu verleihen. Durch das Einlegen in Trester, die Versiegelung mit Bienenwachs oder in Form von einer dicken Kräuterschicht gelangten neue Aromen in die ortsfremden Spezialitäten und durchzogen sie mit dem Geschmack Südtirols.
Das Ende des Dornröschenschlafs
Obwohl Hansi Baumgartner mit der Veredelung von Produkten aus anderen Regionen bereits Erfolge verbuchen und einzigartigen Degust Käse herstellen konnte, war ihm die Tatsache, dass es keine Südtiroler Spezialitäten geben sollte, mit denen er arbeiten konnte, ein Dorn im Auge. Mit seinem Entschluss, die Käsevielfalt wieder zu etablieren, leistete der Affineur Pionierarbeit für eine gesamte Region. Er besuchte Kleinbetriebe und Sennereien, unterhielt sich mit den Milchbauern über traditionelle Käseherstellung und mögliche Wiederaufnahme von alten Methoden. Damit verschaffte sich zunehmend Gehör. Mit der Zeit konnte der Käsegourmet mehr und mehr heimatliche Käsearten und alte, wiederentdeckte Sorten in seine Produktpalette aufnehmen und verwandelte sie mit innovativen Ideen in erlesene Feinkostkreationen. Doch nicht nur die Hersteller mussten überzeugt werden. Auch die Konsumenten brauchten Zeit, um sich an die neuen Geschmackskombinationen zu gewöhnen. Mittlerweile pilgern Käseliebhaber aus aller Welt in den Laden in Brixen, um eine von Degust komponierte Degustation zu buchen, er beliefert die internationale Spitzengastronomie und die Feinkostbranche. Darüber hinaus leitet der Käsegourmet Seminare für Käser und Affineure. Südtirol selbst ist inzwischen eine renommierte Genussdestination für Käseliebhaber und Standort zahlreicher Käsereien, die sich auf die Herstellung heimischer Sorten, wie etwa den Südtiroler Alpenkäse, spezialisiert haben.
Die Reifeprüfung
Den richtigen Zeitpunkt der Reife zu bestimmen, ist eine der spannendsten und schwierigsten Aufgaben des Affineurs. Jeder Käse reift anders, entwickelt sich nur unter bestimmten Bedingungen optimal und muss gut beobachtet und umsorgt werden, um den Status einer Delikatesse zu erlangen. Hansi Baumgartner hat für seinen Degust Käse einen Ort gefunden, an dem die Laibe ihrer geschmacklichen Vollendung entgegenreifen und unter besten Bedingungen gepflegt werden können. Ein alter Bunker aus dem zweiten Weltkrieg, der in einem Wald wehrhaft wie eine Festung zwischen Felsen und Bäumen hervorragt, dient dem Firmengründer als Reifelager. Tausende Laibe verschiedener Käsesorten reifen hier ihrer aromatischen Höchstform entgegen und entwickeln sich prächtig in dem bergwerkartigen Gebäude, in dem das ganze Jahr über nicht mehr als 10 Grad und eine Luftfeuchtigkeit von 85 % vorherrschen. Der Käsegourmet kennt die dunklen Gänge und Nischen in dem ehemals militärisch genutzten Labyrinth wie seine Westentasche und nutzt jeden Winkel für seine Genusskreationen. Einige liegen frei auf Regalen, andere baumeln als eingepackte Kugeln von der Decke oder rasten in weichen Heubetten. Mal sind es riesige Scheiben mit tiefschwarzen Asche-Krusten, dann wieder kleine bauchige Laibe, die durch das Einbürsten mit Whisky oder Rum eine rötliche Färbung angenommen haben. Wieder andere Regalbretter tragen zentnerschwere graumelierte Laibe, deren massive Schale keine Schlüsse auf ihr Innenleben zulässt. Baumgartner überprüft die Entwicklung jedes Einzelnen durch Riechen und Betasten und unterzieht sie einer ausgiebigen Kontrolle, bevor sie sein Lager wieder verlassen. Wenn er die Produkte schließlich zum Verpacken und Versenden freigibt, sind sie ausgereifte Meisterwerke, die dem Namen Degust alle Ehre machen.
250 Gründe, um Degust Käse zu lieben
Spricht man von der Sortenvielfalt, die bei Degust angeboten wird, kann immer nur von einer Momentaufnahme die Rede sein. Denn Käsegourmet Hansi Baumgartner findet ständig neue Wege, um etwa aus Camembert, Blaumschimmel- oder Schnittkäse avantgardistische Geschmackskunstwerke zu zaubern. Derzeit sind es rund 250 kulinarische Schöpfungen, die durch seine Veredelung Geschmackskomponenten von dunkler Schokolade, Heu, Tee oder sogar Lakritze und Schüttelbrot in sich tragen. Die Liebe, die der Affineur seinen Produkten, seinem Zuhause und dieser Arbeit entgegenbringt, sieht und schmeckt man in jeder Sorte.
Die Auslage seines Brixner Ladens wurde einst mit dem Schaufenster eines Juweliers verglichen und nicht minder ist der Wert, den seine bunten Schätze für die Region besitzen. Südtirol ist Hand in Hand mit Degust zum Käseland erblüht, wachgeküsst von einem Sternekoch, der mit seiner Leidenschaft ein ganzes Alpenland inspirierte.