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Man stelle sich folgendes vor: Ein kleines geflügeltes Insekt sammelt in stundenlanger Arbeit Blütennektar, reichert ihn mit körpereigenen Stoffen an, speichert ihn in Waben und lässt ihn dort zu einem goldschimmernden Endprodukt reifen, das vom Menschen zwar geerntet, aber nicht reproduziert werden kann. Eine Besonderheit? Durchaus nicht: viele Systeme der Natur funktionieren bestens ohne unser Zutun. Ein Wunder? Absolut!
Bienen bringen Natur auf den Frühstückstisch
Honig ist ein kostbarer Genuss, dessen außergewöhnliche Entstehungsweise nur selten wirklich in unser Bewusstsein vordringt. Gerade wenn er mit unzähligen anderen Aufstrichen, Marmeladen und Nougatcremes im Supermarktregal präsentiert wird, wirkt Honig nur wie ein Geschmack unter vielen, die dem Frühstück die Süße verleihen. Doch wenn man ein wenig mehr darin sieht, als einen bernsteinfarbenen Brotaufstrich in einem Glas mit geblümtem Etikett, erschließt sich die ganze Schönheit und Raffinesse hinter diesem köstlichen Naturprodukt. Je nachdem, aus welchen Blumen die Bienen den Nektar sammeln, entsteht entweder Mischblüten- oder Sortenhonig. Zu letzterem zählt auch unser Alpenrosenhonig, eine einzigartige Spezialität der Berge, die genau wie viele andere alpine Ressourcen, den Launen der Witterung unterworfen ist.
Falsche Rose mit goldrichtigem Geschmack
Neben Enzian und Edelweiß ist die Alpenrose das dritte florale Aushängeschild der Alpen und ihrer Vegetation. Im Gegensatz zu den beiden ersten Berühmtheiten, gehört sie allerdings nicht zu den klassischen Alpenblumen, sondern ist ein reich verzweigter, immergrüner Strauch, der von Mai bis Juli purpurne Blüten trägt. Aus botanischer Sicht ist die Alpenrose zudem überhaupt keine Rose, sondern eine Rhododendron Art, die der Familie der Heidekrautgewächse zugeordnet wird. Ihrem Namen wird sie nur hinsichtlich ihrer Schönheit gerecht, die sich zwar von jener der „echten“ Rosen unterscheidet, ihr aber um nichts nachsteht. Das rote Blütenkleid, mit dem die Alpenrose im Frühsommer die Berge großflächig überzieht, lockt viele Wanderer und Touristen in luftige Höhen, denn diese Pflanze fühlt sich erst ab 1500 Metern Seehöhe richtig wohl. Zur Blütezeit verwandelt sie ganze alpine Landstriche in farbige Meere, über denen sich Bienen und andere Insekten tummeln. Der Nektar, den die Bienen aus den Alpenrosen saugen, wird im Stock zu hell leuchtendem Alpenrosenhonig verarbeitet, der sich durch sehr feinen, mild fruchtigen Geschmack auszeichnet. Die Nachfrage nach dieser besonderen Sorte steigt jedes Jahr und obwohl ein kräftiges Bienenvolk täglich ganze vier Kilogramm herstellen kann, ist Alpenrosenhonig eine wertvolle Rarität.
Ohne Wagnis kein Genuss
Alpenrosenhonig könnte theoretisch überall hergestellt werden, wo der rotblühende Gebirgsrhododendron namens Alpenrose vorkommt. Doch obwohl dieser sich über weite Teile der europäischen Alpen erstreckt, ist es für die Imker nicht einfach, ihre Stöcke an geeigneten Stellen im Gebirge zu platzieren und das Risiko einzugehen, am Ende der Blütezeit womöglich mit leeren Händen dazustehen. Denn bei Kälte fliegen Bienen nicht aus und erst ab einer Temperatur von 12 Grad beginnen sie mit dem Sammeln. Nun ist es in den Bergen allerdings nicht ungewöhnlich, dass die Alpenblumen im Mai noch unter einer Schneedecke schlummern und die Temperaturen den zweistelligen Bereich nicht erreichen. Dann kann es vorkommen, dass der Imker ganz oder zumindest Großteils auf seinen Ertrag verzichten muss und die goldene Delikatesse nur in Kleinstmengen verkaufen kann. In solchen Jahren wird der begehrte Alpenrosenhonig gleich noch ein Stück weit exklusiver und macht seinem Raritätenstatus alle Ehre.
Hoher Genuss aus Höhenlage
Im Sellraintal in Tirol stellt man Alpenrosenhonig auf 1810 Metern Seehöhe her und beweist damit nicht nur Vertrauen in die Natur, sondern auch eine ordentliche Portion Optimismus. Das kleine Tal selbst liegt zwar auf moderaten 908 Metern und ist der Witterung nicht in ihrer ganzen Härte ausgesetzt. Die Bienenstöcke, in denen der Sellraintaler Alpenrosenhonig entsteht, ragen dem Himmel jedoch doppelt so weit entgegen. Während die Natur im Tal bereits in voller Blüte steht, können sie mitunter noch winterlichen Bedingungen ausgesetzt sein. Dennoch ist der Alpenrosenhonig aus dem Sellraintal den Aufwand wert. Sein feines Aroma macht ihn zu einer außergewöhnlichen Spezialität aus den Bergen Österreichs und bereichert das kulinarische Portfolio der Alpen um eine weitere herausragende Delikatesse. Neben dem Alpenrosenhonig gibt es weitere, wirklich köstliche alpine Honigsorten aus Österreich, wie beispielsweise Bergblütenhonig aus Tirol.
Süßes Tirol
Alpenrosenhonig mag eine der exklusivsten Sorten sein, er ist jedoch nicht der einzige, den Tirol und Südtirol zu bieten haben. Drei weitere Honigarten sind ebenso verbreitet in den Alpenregionen Österreichs und Norditaliens. Der bekannteste unter ihnen ist der Mischblütenhonig. Er entsteht aus dem Nektar vieler verschiedener Blumen und hat ein intensives, süßes Aroma. Bereits nach wenigen Tagen kristallisiert die goldgelbe Masse, was auf eine hohe Qualität hindeutet. Durch Rühren kann sie zu einem weichen Cremehonig weiterverarbeitet werden. Auch Löwenzahnhonig ist typisch für die Bergeregionen Tirols. Von Beginn an weist er eine kristalline Struktur auf und unterscheidet sich durch seinen würzig herben Geschmack ganz besonders von der fruchtigen Milde des Alpenrosenhonigs. Die dritte Sorte ist der Waldhonig, der sich durch kräftigen Geschmack, vor allem aber durch seine Grundzutat auszeichnet. Für den Waldhonig sammeln die Bienen nämlich keinen Blütennektar, sondern den sogenannten Honigtau – eine zuckerhaltige Substanz, die Blatt- und Schildläuse auf den Blättern der Bäume zurücklassen. Diese Rückstände verarbeiten die Bienen in ihren Stöcken zu Waldhonig, der eine charakteristische dunkle Färbung aufweist und aufgrund seines niedrigeren Glucose Gehalts sehr langsam kristallisiert. Mit ihrer Sortenvielfalt und der großen Imkerkultur haben sich Tirol und Südtirol als die Honigspezialisten der Alpen etabliert. Ihre Erzeugnisse sind von erstklassiger Qualität und kommen auch in der Landesküche oftmals zur Anwendung. Das klassische Honigbrot der Alpenwelt kombiniert Gebirgshonig mit dem Vinschgauer Paarl.
Zum Abschluss noch einen Löffel Honig…
… beifügen, um dem Rezept den letzten Schliff zu verleihen. Diesen Ratschlag kann man so oder so ähnlich in vielen Kochbüchern finden. Denn kaum eine süße Speise lässt sich nicht mit dem goldenen Naturprodukt zur geschmacklichen Höchstform bringen. Natürlich ist er für Süßspeisen und Desserts nahezu unverzichtbar, aber ein wenig spannender ist der Einsatz von Honig bei Rezepten mit Fleisch und pikanten Gerichten. Alpenrosenhonig ist aufgrund seines feinen Aromas perfekt geeignet, um Saucen eine milde Süße zu verleihen. Auch ein Salatdressing profitiert vom ausgewogenen Geschmack des Honigs mehr, als von einem Löffel Kristallzucker. Versuchen Sie es beim nächsten Kochabend und überzeugen Sie sich selbst davon, dass Honig nicht nur auf dem Frühstückstisch eine Rolle spielt. Zwar sind Rezepte durchaus hilfreich, es lohnt sich aber, auch einmal nach dem eigenen Bauchgefühl mit Honig abzuschmecken, ihn beizumischen, etwas zu marinieren oder einfach anstatt eines Chutneys ein Schälchen Alpenrosenhonig oder Berghonig zum Berg- oder Almkäse zu reichen. Das süße Gold passt nahezu zu allem. Schließlich ist es alpine Natur in reinster Form und wodurch könnte man einem Gericht einen besseren Feinschliff verleihen, als mit 100% Berg?